Kleiner Hirsch

Nach zehn Minuten des Wartens wurde angekündigt, dass der Zug wegen des Gedränges und der durch den Regen verursachten Störung weitere fünfzehn Minuten Verspätung haben würde.

Ich war fast erfroren, denn obwohl der Dezemberwind leicht war, ließ er jeden, den er berührte, vor Kälte erstarren.

Ich hatte meine Handschuhe im Klassenzimmer vergessen, meine zarten Hände wurden rot mit blauen Flecken, wo das Blut in meinen Adern gefror.

Ich setzte mich auf die Wartebank neben eine alte Dame, auf deren Gesicht sich ein Ausdruck von Zufriedenheit abzeichnete, ich ließ endlich meine schwere Tasche sinken, die ich so lange getragen hatte, ohne zu wissen, wie ich es geschafft hatte.

Ein Mann neben mir sprach auf seinem Handy und beschwerte sich über die Verspätung des Zuges, weil seine Frau wütend werden würde, wenn er nicht pünktlich käme. Der Nebel hatte den Bahnhof eingehüllt, und die Gleise waren nicht mehr zu sehen.

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Nur noch sieben Minuten blieben bis zur Ankunft des Zuges, als ich plötzlich bemerkte, wie einige Menschen am Ende des Bahnsteigs zurückwichen.

Da sah ich ihn, den Dieb meines Herzens, wie er mit seinem älteren Bruder aus der Menge zurückkam.

Mein Herzschlag beschleunigte sich, als ob ein Sturm in mir wütete, der nur enden würde, wenn er außer Sichtweite wäre.

Ich holte mein Handy heraus und tat so, als wäre ich in ein Gespräch vertieft, obwohl ich nur irgendwelche Buchstaben in die Notizen schrieb, die mir gerade einfielen. Er stand neben seinem Bruder, direkt vor mir auf meiner linken Seite.

Nur wenige kleine Schritte trennten uns. Ich fühlte den Schmerz meiner verletzten Würde und Gefühle, die er völlig ignoriert hatte.

Ich hätte alles akzeptiert – jedes Wort, selbst eine Ablehnung – aber dass er ging, ohne ein einziges Wort zu sagen, das brach mich.

Es waren nur wenige Stunden vergangen, und ich bemühte mich, mich zusammenzureißen und nicht über meinen kläglichen Zustand zu weinen.

Noch zwei Minuten blieben, bis der Zug kommen würde. Ich stand auf, mit meiner Tasche in der Hand, die vor Kälte steif geworden war.

Ich hob meinen Blick, um ihn anzusehen, und bemerkte, dass er mich ansah. Doch schnell senkte er seinen Kopf und verbarg diesen verzweifelten Blick unter der Krempe seiner Cap.

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Alle stiegen in den Zug, der leer angekommen war. Er

füllte sich jedoch in Windeseile, und wie üblich stand ich in der Menge.

Ich sah Devin ebenfalls stehen, doch die Distanz zwischen uns betrug mehrere Sitzreihen.

Hin und wieder bemerkte ich seine verstohlenen Blicke, die er unter seiner Capi zu verstecken versuchte.

Ich senkte meinen Kopf, ein Gefühl, das ich nicht in Worte fassen konnte, überwältigte mich.

Kurz bevor wir an meiner Station ankamen, trafen sich unsere Blicke. Keiner von uns wandte seinen Blick vom anderen ab, was mich so verlegen machte, dass plötzlich Tränen aus meinen Augen flossen.

Devins Augen weiteten sich vor Erstaunen, als er die Tränen des Mädchens sah. Schließlich erreichte sie ihre Station und stieg aus, während sein Blick ihr folgte.

Er wandte sich an seinen Bruder und fragte nach der Uhrzeit. Arino antwortete: „Es ist 16:46. Warum fragst du?“ Devin starrte einen Moment lang vor sich hin und sagte dann: „Ich weiß nicht!“

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